Die Katze im Sack gekauft?

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erwa20
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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 17 Aug 2016, 21:56

Hallo

Alle demontierten Teile sind gereinigt und kontrolliert. Die Fernsteuerung ist grob eingestellt (Servowege). Jetzt muss alles wieder zusammengebaut werden. Einige Teile habe ich nicht wieder verwendet / durch neue ersetzt. Es sind dies: Das Sicherheitsventil, das Gaseinfüllventil und die Gasdüse. Bevor das Gehäuse endgültig aufgesetzt wird, habe ich es mal provisorisch auf das Chassis gesetzt um sicher zu sein das nichts im Weg ist. Alle Verbindungen der Gasarmaturen wurden mit Seifenwasser auf Leck's kontrolliert, alles ist dicht. Nun kann das Modell endlich angeheizt werden, auf einem Rollenprüfstand wird es dann ohne Gehäuse "gefahren". Dabei können nun noch Feineinstellungen, hauptsächlich bei der Fernsteuerung, gemacht werden. Ist alles im grünen Bereich kann das Gehäuse endgültig montiert werden, nun sieht das Modell wieder nach Dampflok aus:
Argyll11.jpg

Es empfiehlt sich übrigens bei der Demontage besonders gut darauf zu achten dass keine Schrauben verloren gehen und alle Schrauben möglichst gut sortiert aufbewahrt werden. Alle Schraubverbindungen am Modell sind nach britischen Normen gefertigt, Ersatz für solche Normteile aufzutreiben ist aufwändig und zeitraubend.

Fertig ist das Modell aber noch nicht, schon oben hatte ich erwähnt das bei den Argyll-Modellen die Radsätze nicht das gelbe vom Ei sind. Das wurde mir auch vom Hersteller bestätigt weshalb ich vorsorglich Ersatz beschaffte. Die Triebräder sind aus einer Weissmetalllegierung gegossen, man wollte auf Wunsch der Kunden Speichenräder einbauen. Das hat sich nicht bewährt, die Triebräder haben mit der Zeit oft Ausbrüche bekommen, besonders an den Spurkränzen. Als Ersatzteile gibt es die Speichenräder nicht mehr, nur Scheibenräder aus Automatenstahl hergestellt.
Bei meinem Modell sind die Triebräder aber in Ordnung, dafür zeigt die Schleppachse unter dem Steuerhaus einen starken Seitenschlag. Ursache war eine Radscheibe welche nur ganz lose auf der Achse sass. Ich ersetzte diesen Radsatz durch einen neuen. Da mein Modell auch auf Spur 1 Gleisen fahren soll waren die Spurkränze am neuen Radsatz zu hoch (die Triebräder passen interessanterweise). Da ich die Roundhouse Laufradsätze zahlreich an manchen Wagen verwende habe ich mir eine Vorrichtung hergestellt welche es erlaubt die kompletten Radsätze in die Drehbank einspannen zu können:
Argyll12.jpg

So können dann die Spurkränze leicht bearbeitet werden:
Argyll14.jpg
Argyll15.jpg

Gartenbahner welche LGB oder ähnliche Gleise verbaut haben können sich die Prozedur mit dem abdrehen der Spurkränze natürlich sparen 8-)
Es war nun an der Zeit für Probefahrten. Dafür durfte ich die MEP Clubanlage nutzen. Dort funktionierte das Modell zuverlässig (Mindestradius = 3 Meter). Bei einer weiteren Fahrt auf einer Gartenanlage mit LGB Gleisen mit Mindestradius R2 (Weichen) neigte das Modell aber zum entgleisen, allerdings nur in Fahrtrichtung vorwärts..... :evil:
Gruss
Beat

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Luegi
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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von Luegi » 24 Aug 2016, 09:21

Intertessant deine Dokumentation und gut mit Bildern bestückt, so komme auch ich draus :roll:

Aber was ist das für ein Kleber mit Talcum und Wasserglas???
Gruss us dä Schwiz
Luegi

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 25 Aug 2016, 14:27

Luegi hat geschrieben:Aber was ist das für ein Kleber mit Talcum und Wasserglas???
Hallo Luegi

Der Kleber besteht aus Kaliwasserglas und Talcum (Pulver) als Füller. Das Mischverhältnis ist: 10 Teile Kaliwasserglas / 7 Teile Talcum (Pulver) als Alternative geht auch Quarzmehl. Mit Quarzmehl wird der Klebstoff etwas widerstandsfähiger gegen Abrieb, braucht jedoch länger zu aushärten. Dieser Klebstoff hat keine besonders hohe Festigkeit, verträgt jedoch Temperaturen über 800°C. Zum Aufkleben von Isolierstoffen (Keramikvlies) reicht die Festigkeit allemal aus, die Temperaturfestigkeit ist für Anwendungen an Echtdampfmodellen mehr als genug.
Man kann das so nicht kaufen, ich mische den Klebstoff selbst.

Demnächst geht es weiter mit der Argyll, das Entgleisen muss ja noch behoben werden............
Gruss
Beat

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 25 Aug 2016, 23:27

Guete Abig mitenand

Wie ich weiter oben schon berichtet habe neigte mein Argyll bei Vorwärts-fahrt zum entgleisen. Das muss natürlich abgestellt werden. Die Ursache war schnell gefunden, ich hatte nämlich das selbe Problem schon bei meinem Modell "Billy".
Das Modell ist vorne zu leicht, viel Gewicht findet sich dafür hinter der letzten Triebachse. Wie schon beim Billy braucht es möglichst weit vorne ein Zusatzgewicht. Hinter der vorderen Pufferbohle ist genügend Platz dafür vorhanden. Ich entschied mich das Zusatzgewicht aus Messing anzufertigen (der einfachen Bearbeitung wegen). Das Gewicht besteht aus mehreren Teilen:
Argyll16.jpg
Argyll17.jpg

Es füllt den vorgesehenen Platz gut aus:
Argyll18.jpg
Argyll19.jpg

Da an diesem Platz auch die Abdampfrohre aus den Zylinder in die Rauchkammer führen und die Rauchkammer gegen unten offen ist muss das Gewicht zwecks Reinigung einfach zu demontieren sein. Deswegen sind die beiden Rändelschrauben verbaut.
Argyll20.jpg

Als angenehmer Nebeneffekt sammelt sich der ganze Schnuder nun im Zusatzgewicht und schmiert nicht mehr die Gleise voll.
Ich habe darauf geachtet dass am Modell keinerlei zusätzliche Bohrungen notwendig waren um das zusätzliche Gewicht zu befestigen. Nun fährt das Modell ohne zu entgleisen Problemlos durch den LGB R2 und ist auch auf Weichen keine Sissi mehr. Wieder ein Schritt vorwärts zum gut kontrollierbaren Modell.

Das Technische ist nun erledigt, jetzt geht es noch um etwas Kosmetik, davon aber in einem anderen Beitrag.
Gruss
Beat

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von Luegi » 26 Aug 2016, 11:10

Danke für die Erklärung, man lernt ja nie aus ;)
Gruss us dä Schwiz
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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 26 Aug 2016, 20:59

Guete Abig mitenand

Da die Argyll nun gut läuft darf noch etwas Zeit und Material für das Aussehen investiert werden. Einige Kratzer und Schrammen im Lack sind leicht und schnell ausgebessert. Im Kohlekasten hinter dem Steuerhaus ist der Gastank eingebaut, zur Tarnung des letzteren sitzt darauf eine Kohleimitation. Dieses Teil war schon beim Kauf in mehrere Teile zerbrochen. Ich versuchte es zu kleben, mit mässigem Erfolg. Das Teil ist aus einem Epoxydharz hergestellt und recht spröde / brüchig. Nach dem ich es zusammengeklebt hatte brach es nach kurzer Zeit wieder in zwei Teile.
Argyll21.jpg
Beim Hersteller sind diese Teile nicht mehr lieferbar, ich überlegte mir kurz wie die Kohleimitation ersetzen könnte. Ich entschied mich dazu das Teil nochmals zu kleben:
Argyll22.jpg

Dann fertigte ich damit eine Silikonform an:
Argyll23.jpg
Argyll24.jpg
Argyll25.jpg

Für den Abguss verwendete ich eine Zweikomponenten-Giessmasse auf Polyurethan Basis:
Argyll27.jpg
Man müsste das Teil noch schwarz einfärben
Zuletzt geändert von erwa20 am 26 Aug 2016, 21:18, insgesamt 3-mal geändert.
Gruss
Beat

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 26 Aug 2016, 21:04

Für die weiteren Abgüsse mischte ich der Giessmasse schwarze Farbpigmente gleich mit dazu, so entstehen fertige Teile:
Argyll26.jpg
Argyll28.jpg
Damit ist die Argyll fürs erste fertig und wartet auf Ausfahrten.....

Ich hoffe mein Bericht war nicht zu langweilig und ich konnte den Interessierten unter euch zeigen das man durchaus zum attraktiven Preis ein gebrauchtes Echtdampfmodell kaufen kann und dieses mit überschaubarem Aufwand revidieren kann. Mir macht letzteres genau so viel Spass wie das spielen mit den Echtdampfmodellen.
Gruss
Beat

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von Luegi » 27 Aug 2016, 09:21

Der Bericht war gar nicht langweilig, vielen Dank dafür. Echtdampf ist eine Domäne wo ich mich gar nicht auskenne,daher ist so ein Bericht für mich sehr interessant :!:
Gruss us dä Schwiz
Luegi

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von CSX » 27 Aug 2016, 10:20

Klasse Bericht und sehr Interessant. ;) ;) ;)
Heute bin ich einer von denen,
von denen mich meine Eltern früher
immer gewarnt haben..................................

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Re: Die Katze im Sack gekauft?

Beitrag von erwa20 » 29 Aug 2016, 20:58

Luegi hat geschrieben:Der Bericht war gar nicht langweilig, vielen Dank dafür. Echtdampf ist eine Domäne wo ich mich gar nicht auskenne,daher ist so ein Bericht für mich sehr interessant :!:
CSX hat geschrieben:Klasse Bericht und sehr Interessant. ;) ;) ;)
Besten Dank für euer Interesse. So konnte ich auch mal was zu diesem Forum beitragen.

Abschliessen noch ein weiteres Teil was unbedingt zu einer solchen Echtdampflok gehört, eine vernünftige Verpackung.
Mit wenigen Ausnahmen gibt es zu den Echtdampfmodellen keine Originalverpackung wie ihr es von den elektrisch betriebenen Modellen kennt. Man muss sich darum selber um etwas passendes kümmern will man das Modell entsprechend aufbewahren / transportieren. Traditionellerweise ist das eine stabile Holzkiste, Normkisten aus Kunststoff sind aber genau so gut geeignet. Für mich kommt noch dazu das ich meine Modell fast immer in den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiere. Für die Argyll habe ich mir eine einfachste Kiste aus Sperrholz gezimmert. Die "Auspolsterung" besteht aus XPS Isoliermaterial, an den Berührungsstellen habe ich 2mm Neopren aufgeklebt. Zur Schonung der Spurkränze steht das Modell auf einem separaten Brettchen mit Spurrillen.
Argyll29.jpg
Argyll30.jpg

Die Fernbedienung, Gas, Wasser, Oel und das notwendige Bedienwerkzeug finden im Rucksack platz.
Gruss
Beat

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